Bus 57 – Dashka Slater

„Queere Person in Bus angezündet”, so oder so ähnlich werden wohl viele Zeitungsüberschriften im November 2013 gelautet haben. Mehr braucht es scheinbar nicht, um sich eine Meinung zu bilden. Eine Meinung über gut und böse, richtig und falsch. Es muss sich wohl um ein Hassverbrechen handeln und daher sollte der Täter so stark wie möglich bestraft werden. Dass es sich in Wirklichkeit nicht ganz so einfach verhält, zeigt Dashka Slater eindrücklich in ihrem auf Tatsachen basierenden Roman „Bus 57“.

Auf der einen Seite wäre da Sasha. Sier (das selbstgewählte Pronomen in der dt. Übersetzung) ist sehr klug, verliert sich gerne in mit Freunden selbst erfundenen Spielen und liebt Fahrpläne. Sier wurde als Junge geboren, identifiziert sich aber als agender und genderqueer. Dann ist da Richard, ein herzensguter und sympathischer junger Afro-Amerikaner. Er lebt in einem schwierigem Umfeld und hatte bereits Begegnungen mit dem Gesetz – trotzdem versucht er stets sein Bestes. Diese beiden Charaktere und ihr Umfeld beschreibt die Autorin mit sehr einfühlsamen Portraits. Die Geschichte der zwei gipfelt in dem für beide fatalen Aufeinandertreffen. Richard zündet – als dummer Jungenstreich gemeint – Sashas Rock an. Sasha erleidet schlimme Verbrennungen. Richard bekommt die gesamte Härte des amerikanischen Justizsystems zu spüren, welches afro-amerikanische Jungs offensichtlich anders behandelt.

In ihrem akribisch recherchierten Roman schafft die Autorin eine 360-Grad Ansicht des Falles und des darauffolgendem Gerichtprozesses, in der sehr viele Perspektiven und Hintergründe beleuchtet werden. Dabei geht sie auch auf die gesellschaftlichen und gesetzlichen Strukturen ein, um zu Zeigen, wie schwierig das Leben am Rande der weißen hetero Mehrheitsgesellschaft ist. Sprachlich ist sie dabei teils nüchtern beschreibend und auch fesselnd poetisch. Dass die Welt doch um einiges komplizierter als schwarz und weiß, gut und böse, Täter und Opfer, und auch männlich und weiblich ist, wird in diesem Roman gezeigt.

 

Buchtipp: Paraskevas Gkegkas, jugendstil-Praktikant

 

Verlag: Loewe Verlag
Foto: © Loewe Verlag