Jeden Tag Spaghetti – Lucia Zamolo

Wie es sich anfühlt von hier zu sein, aber irgendwie auch nicht – dieses Gefühl und ihre Gedanken dazu versucht Lucia Zamolo den Leser*innen in Bild und Wort nahe zu bringen.

Ihr Vater stammt aus Italien – aber was hat das denn eigentlich mit ihr selbst zu tun? Anhand ihrer eigenen Erfahrungen und denen einiger Freund*innen mit internationaler Familiengeschichte erzählt und zeichnet sie sehr persönliche Beispiele von Alltagsrassismus. Schubladen, die immer wieder aufgemacht werden und deren Enge sie uns zeigt. Othering, das beim Lesen immer wieder bekannt vorkommt und betroffen macht. Alltagsrassismus ist nur die Spitze des Eisbergs und if you are tired of hearing about racism, imagine how tired many must be of experiencing it.

Lucia Zamolo schafft es, ihre Botschaft zugänglich, klug und zugleich witzig zu vermitteln. Die „Liste der italienischen Enttäuschungen“ (friaulisch statt italienisch! Tomatensoße aus der Tüte!), toxische Komplimente, Mikroaggressionen (wetten, dass kaum jemand alle vier Definitionen von Mikro parat hat?) und die Definition von Migrationshintergrund laut Statistischem Bundesamt (hoppla, nach 3 Generationen verliert der sich dann ja ganz plötzlich!) sind nur einige Beispiele. Man glaubt es ihr: Migrationshintergrund steht immer noch viel zu viel im Vordergrund.

Wie schon im Vorgänger Elefant auf der Brust gelingt es Lucia Zamolo, mit leichtem und humorvollem Strich in zarten Pastelltönen und in spielerischer Handschrift Facetten und Zwischentöne deutlich zu machen. Man legt das Buch am Ende zur Seite und ist berührt und nachdenklich. Möchte unbedingt ihrem Wunsch nachkommen, die allgegenwärtigen Schubladen möglichst wenig und wenn, dann überlegt zu nutzen. Das könnte unbequem sein, aber: in so einer Schublade ist es das auch! Das Buch ist ohne Zweifel der von der Autorin gewünschte Anstups zum weiter Lesen, Zuhören, Hinschauen und Nachdenken.

Ein lehrreicher Blick über den Spaghettitellerrand!

Katrin Hedke, Lese- und Literaturpädagogin (ARS und BVL)