Fünf auf Crashkurs – Hans-Jürgen Feldhaus

Entstanden ist: Annähernd eine Rezension

Ja, die Kinder- und Jugendromane von Hans-Jürgen Feldhaus werden gerne als „launig erzählt“ bezeichnet – etwas, das klingt, als seien sie leicht zu lesen und vielleicht auch nicht so ernst zu nehmen.

Aber betrachten wir mal seinen Jugendroman „Fünf auf Crashkurs“ im Hinblick auf die Erzählhaltung: Er ist mit einem Erzähler konstruiert, der nicht so einfach zu durchschauen ist. Dieser tritt auf als Beobachter der Anfangsszene, der den Lesenden dann die ganze Geschichte dahinter erzählt – ja, ein irrwitziger Roadtrip, wie der Klappentext verspricht, aber auch ein Text, der sprachlich so gestaltet ist, dass der Rhythmus genau zum Erzählten passt. Der Erzähler bringt sich selbst als „Ich“ ein, spricht die Lesenden an, erzählt aber nicht seine eigene Geschichte, ja, noch nicht einmal eine Geschichte, die er miterlebt hat. Er ist vielmehr Beobachter, er erzählt fast filmisch, dabei umgangssprachlich, jugendsprachlich, ganz nah an seinen Protagonist*innen. Er begleitet sie auf ihrem Roadtrip per Kanu, Bus, Traktor, Kahn und Wohnmobil, auf dem sie die unterschiedlichsten Menschen kennen lernen. Immer weiß er, wohin die Geschichte führt, nämlich wieder zur ersten erzählten Szene. Und immer stoppt er seine eigene Erzählwut mit Formulierungen wie „….sagen wollte ich eigentlich nur“, „….kurzum“ oder auch einfach nur „Thema jetzt…“ Dadurch entsteht der besondere Rhythmus der Erzählung, die Sprache gibt die Geschwindigkeit wieder, mit der die fünf Jugendlichen von der Ardèche auf die Petit Rhone und bis ans Mittelmeer gelangen, während ihr Lehrer etwas atemlos auf ihrer Spur ist.

Das geht dann auch mal ohne Verben oder Artikel, der fiktive Erzähler weiß sich mit den Rezipient*innen, den lesenden Jugendlichen, auf einer Stufe und bekommt ansatzweise einen Charakter, den ungeübte Leser*innen mit dem Autor gleich setzen. Der Autor Feldhaus treibt es auch auf die Spitze, wenn er den fiktiven Ich-Erzähler als Schreibenden thematisiert, der die Lesenden direkt anspricht: „Und da muss ich dir jetzt sagen, dass meine Türkischkenntnisse etwas eingerostet sind, aber macht nix, weil der Typ, der gefragt hatte, verstand jedes Wort. Achmed, sein Name. Nach außen hin voll der ausgewachsene Friese, innerlich aber mit amtlichem Migrationshintergrund. Türkischstämmig. Vorgeschichte in der dritten oder vierten Generation. – Such dir was aus und schreib mir, was politisch korrekt ist! Dann streich ich den Rest. Oder mach du direkt selbst! Ist einfacher!“ (S. 113)

Eleganter kann man eine Anschlusskommunikation nicht provozieren!  Literatur als Mittel zur Persönlichkeitsbildung, Lesen als Kompetenz, die Voraussetzung für demokratische Teilhabe ist, literarisches Lernen – all das ist mit zielgruppengerechter Literatur vermittelbar. Und es macht Spaß zu lesen. Jedenfalls mir. Obwohl ich nicht zur Zielgruppe gehöre, sondern eher zu denen, die den Begriff „launig erzählt“ noch kennen.

 

Buchtipp: Ulrike Erb-May, Lese- und Literaturpädagogin (BVL)

 

Verlag: dtv Verlag 2021 (2. Auflage)
Foto: © dtv Verlag