Wildesland – Cornelia Franz, Petra Baan

Bereits das erste Kapitel entfaltet einen enormen Lesesog!
Matthis, der Störenfried in Schule und Familie, wurde von seinen Eltern aus dem Auto ausgesetzt. Und alles nur, weil er mit seiner Schleuder aus dem fahrenden Auto auf ein anderes gezielt hat. Aus dem wütenden Schmerz wird Verzweiflung und Reue, als er entdeckt, dass seine Eltern und sein Bruder mit dem Auto in den Abgrund gestürzt sind.

Überzeugt davon, dass sein wütender Fluch den Unfall verursacht hat, beobachtet er aus der Ferne ihre Rettung.

Ab jetzt irrt er mit der Hündin Tara durch das norwegische Vildtland fernab der Zivilisation. Sein Überlebenskampf wird von quälenden Schuldgefühlen und einer verzweifelten Aussichtslosigkeit begleitet. Von Tag zu Tag findet er sich besser zurecht und entdeckt seine Fähigkeiten mit Hunger, Kälte und Verlassenheit umzugehen. Dabei helfen maßgeblich seine Hündin und Jule, das geheimnisvolle Waldmädchen. Mit ihrem Auftauchen reflektiert er sein verantwortungsloses Handeln und beginnt zaghaft, seine Impulsivität und Unbeherrschtheit zu kontrollieren. Im entscheidenden Moment ist er gereift, um verantwortungsvoll zu handeln und letztlich den Schritt hin zu seiner Familie zu wagen. In den Troll-Sagen offenbart sich ihm ein Gleichnis zu seinem eigenen Handeln, das nie das Böse will aber häufig das Böse schafft.

Der Autorin gelingt es preiswürdig, die Troll-Sagen und die Natur des norwegische Vildtlands mit dem Überlebenswillen eines zornigen Jungen zu verbinden.

Aufgehoben in der Natur gibt sie dem verwirrten Jungen einen Schutzraum, um seine widerstreitenden Gedanken und Gefühle zu ordnen. Ein Buch, das lange nachklingt. Sehr zu empfehlen.

 

 

Buchtipp: Manuela Hantschel, Lese- und Literaturpädagogin (BvL)

 

Verlag: Gerstenberg 2023
Foto: © Gerstenberg